Dürfen wir vorstellen? Unsere neue Chefärztin Dr. med. Beate Blank
Vorneweg eine Frage, die vielleicht in anderen Zusammenhängen sehr unangebracht wäre: Für eine Chefärztin sehen Sie wirklich sehr jung aus – welcher Jahrgang sind Sie, bitte?
Ich bin Jahrgang 1989. Darauf antworte ich aber auch gerne, dass man mir dank Botox und Filler mein Alter nicht wirklich ansieht. (lacht) Aber jetzt ohne Scherz, inderswo gab es in meinem Alter auch schon eine Ministerpräsidentin – warum also keine Chefärztin?
Mit 34 Jahren Chefärztin in einer orthopädisch-chirurgischen Fachklinik? Damit gehören Sie zu den jüngsten Chefärztinnen in Deutschland, und dies auch noch in der Fachrichtung Chirurgie, in der Frauen zumindest in der Vergangenheit einen wirklich harten Stand hatten.
Dabei habe ich im Prinzip einen ganz normalen Werdegang hinter mir, eine Laufbahn wie, denke ich, 90 Prozent meiner Studienkollegen mit einem Studium und Regelarbeitszeiten und dann direkt nach dem Studium auch die Aufnahme der ersten Arbeitsstelle. Ich habe innerhalb der normalen Weiterbildungszeit meinen Facharzt abgelegt.
Ich glaube, was einen großen Unterschied gemacht hat, war, dass ich die Stellen gewechselt habe, als ich trotz überdurchschnittlichen Einsatzes nicht mehr weiterkam. Dazu gehört Mut und Flexibilität. Wobei ich jetzt nicht sagen würde, dass das immer der schlauste Weg ist, aber in meinem Fall habe ich dadurch immer die Motivation gehabt, mich neu anzupassen, zu entwickeln und aus meiner Komfortzone zu treten. „You miss 100 % of the shots you don´t take,“ dieser Devise soll der Kanadische Eishockey-Spieler Wayne Gretzky gefolgt sein. Lieber mal was probieren als eine Chance zu verschenken, so denke ich auch. Für mich ist alles Einstellungssache. Wenn Leute sagen: „Das kann ja gar nichts werden“, dann sag ich immer: „Mit DER Einstellung wird’s nichts, das ist richtig.“
Woher kommt Ihre Leidenschaft für Chirurgie? Und was hat Sie dazu bewogen, sich als Fachärztin für Plastische und Ästhetische Medizin zu spezialisieren?
Das gebe ich eigentlich nicht gerne zu, aber in der Kollegstufe bekam ich die erste Staffel von „Grey´s Anatomy“ auf DVD zu Weihnachten geschenkt. Mich hat diese Serie total inspiriert. Von da an wollte ich unbedingt Chirurgin werden. Schon bevor ich das Studium begonnen habe, bin ich in Krankenhäusern gewesen und habe dann Praktika im OP-Bereich absolviert, und es ist eigentlich nie zu einem Ereignis gekommen, das mich von meiner Überzeugung hätte abhalten können. Zunächst wollte ich ehrlich gesagt Kinderchirurgin werden wegen der rekonstruktiven Eingriffe bei Fehlbildungen, das fand ich wahnsinnig spannend. Deswegen habe ich auch in der Kinderchirurgie promoviert. Aber es kam dann dazu, dass ich mich im Wahlfach für die „Plastische Chirurgie“ eingeschrieben habe. Da durfte ich in einem Team arbeiten, das aus einer Chefärztin, einer leitenden Oberärztin und einer Oberärztin bestand.
Ausschließlich Frauen? Das klingt nach einem echten „role model“ mit Vorbildfunktion.
Alles super taffe, engagierte potente und kompetente Frauen. Das hat mir einfach wahnsinnig gut gefallen. Dazu kamen hochemotionale Ereignisse wie zum Beispiel, als eine Patientin nach einer Brustverkleinerung beim ersten Verbandswechsel vor Freude angefangen hat zu weinen, weil ihr die Last von den Schultern genommen worden war. Sie war so glücklich und das war für mich der Moment, in dem ich mich entschlossen habe, Plastische Chirurgie zu machen. Dazu kam zur fast gleichen Zeit ein Artikel in einer klassischen Frauenzeitschrift, in dem von einer Organisation plastischer Chirurginnen berichtet wurde, die in Entwicklungsländern kostenlos rekonstruktive Eingriffe an Frauen durchführen, die Misshandlungsopfer geworden sind zum Beispiel durch Säureangriffe. Den Artikel habe ich bis heute tatsächlich aufgehoben.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass Sie sich auch außerhalb ihres Klinikalltags für ihren Berufstand stark machen. Sie waren unter anderem stellvertretende Sprecherin „Junges Forum DGPRÄC“ sowie Sprecherin des Perspektivforums „Junge Chirurgie“.
Prinzipiell ist es ja leider so heutzutage, dass die Chirurgie unter den Medizinstudierenden eines der unattraktiveren Fächer ist. Heftigere Umgangstöne im OP und natürlich sehr viel weniger attraktive Arbeitszeiten und -modelle als zum Beispiel in der „Inneren Medizin“ sind Gründe dafür. Kurzum weniger Work-Life-Balance, was ja eigentlich das große Thema ist heutzutage.
Für mich war es einfach so, dass das chirurgische Handwerk über den Umständen steht und mir die „Zumutungen“ in der Chirurgie dann auch einfach egal waren. Gerade in der Chirurgie gibt es noch diese wahnsinnig steilen Hierarchien, in denen sich der Assistenzarzt erst mal nach oben arbeiten muss. Auch diese Sprüche wie „Operieren lernst kannst du dann, wenn du Facharzt bist“ waren für mich ehrlich gesagt nicht aushaltbar. Dann hat sich eben die Gelegenheit ergeben, sich im jungen Forum der Fachgesellschaft und in der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie im Rahmen des „Perspektivforums Junge Chirurgie“ zu engagieren.
Verbandsfunktionärin, Chefärztin, junge Mutter: Damit sind Sie ja sozusagen in eigener Sache ein Vorbild für viele ihrer Kolleginnen in dem Bereich.
Ich glaube auch, dass viele Medizinstudentinnen davor zurückschrecken, in die Chirurgie zu gehen, weil da einfach eine wahnsinnige Wand von Vorurteilen vor einem steht: Wenn du Chirurgin bist, kannst du keine Kinder bekommen. Wenn du Kinder hast, kannst du keine Chirurgin sein - das sind Behauptungen, die ich ehrlich gesagt überhaupt nicht mehr hören kann. Was ich kann und was ich nicht kann, das definiere ich selbst und niemand sonst.
Es gibt sehr wohl Chirurginnen, die Kinder haben und das habe ich auch wiederum in dieser Abteilung, von der ich vorhin erzählt habe, einfach vorgelebt bekommen. Da konnte ich eigentlich jedem, der mich mit diesen Sprüchen von meinem Weg abhalten wollte, sagen: „Stimmt doch gar nicht.“ Es ist eine Bärenaufgabe, dies zu managen, gerade, wenn man 100 Prozent arbeitet. Und es funktioniert selbstverständlich auch nur, wenn man die entsprechende Unterstützung bekommt, sei es durch Familie oder durch Kindermädchen oder durch das soziale Umfeld.
Aber sich von vorne herein einreden zu lassen, dass irgendwas nicht funktioniert und sich dann aufzugeben, bevor man überhaupt mal angefangen hat, das ist ehrlich gesagt nicht meine Art. Ich kann jeden nur dazu ermutigen, dass genauso zu sehen: Wenn es etwas gibt, was man erreichen möchte, einfach mal damit anfangen.
Haben Sie denn in Ihrem Team schon den Einstand gefeiert? Chirurgie ist ja auch Teamarbeit.
Ja unbedingt. Wir sind natürlich ein sehr kleines Team. Ich glaube das kleinste chirurgische Team im Hause. Das Team habe ich ja eigentlich schon von meiner Vorgängerin übernommen. Ein Kollege ist schon wirklich nicht mehr aus dem Haus weg zu denken, und hat hier schon einiges erlebt. Der andere ist seit gut über einem Jahr dabei und der Dritte ist ein ehemaliger Kollege von mir, den ich davon überzeugen konnte, hier unser Team zu erweitern. Ich bin ehrlich gesagt sehr zufrieden mit meinen Kollegen und freue mich jeden Tag mit den Jungs zu arbeiten, und es funktioniert auch wirklich ganz hervorragend.
Schönheit durch Präzision: Welche Trends gibt es derzeit im Bereich der Ästhetischen Chirurgie? Für welche Eingriffe ist denn die Nachfrage zurzeit besonders hoch?
International gesehen gibt es derzeit den Trend, dass es überall diese Influencer gibt, die ganz offensichtlich operiert sind und behaupten, sie hätten natürlich gar nichts machen lassen. Ich denke, wir alle kennen Kim Kardashian, die mit ihrem wahnsinnig großen und ganz klar nicht natürlichen Hinterteil eine der größten Karrieren unserer Zeit gemacht hat. (lacht) Dementsprechend ist natürlich auch weltweit die Nachfrage nach Gesäßvergrößerungen durchaus gestiegen. Das ist kein Eingriff, den wir in der Erler-Klinik anbieten werden, weil er auch lebensgefährlich sein kann.
Was sehr viel salonfähiger geworden ist in den letzten Jahren, das sind Filler, Unterspritzungen und Botox- Injektionen. Das sind ambulante ästhetische Eingriffe ohne Operation. Im stationären Bereich sind wir in Deutschland noch eher ganz klassisch mit Fettabsaugungen und Brustvergrößerungen vertreten.
Im Zusammenhang mit der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie ist derzeit häufiger zu lesen vom sogenannten „Mommy-Makeover“. Was verbirgt sich dahinter?
Es ist schmerzliche Realität, dass der weibliche Körper in der Schwangerschaft und nach der Geburt Veränderungen unterworfen ist, die natürlicherweise eintreten. Diesbezüglich tun uns die sozialen Medien wieder keinen Gefallen, wenn dort Frauen gezeigt werden, die kurze Zeit nach der Entbindung wieder in der Öffentlichkeit auftreten und einen Körper haben, der aussieht als wäre nie etwas gewesen.
Das ist natürlich unrealistisch und nicht natürlich. Wir alle wissen, Schwangerschaft und Geburt gehen nicht ohne körperliche Zeichen vorbei, aber die Frauen wünschen sich natürlich diesen Körper zurück, den sie davor hatten. Das sogenannte „Mommy-Makeover“ ist eine Sammlung verschiedener Eingriffe, die eine Wiederherstellung anstreben. Da geht es natürlich um Bruststraffungen, aber auch um Bauchdeckenstraffungen und ein sogenanntes Bodylifting, eine Straffung des gesamten Rumpfes.
Wie sieht die Zukunft ihres medizinischen Fachs aus?
Was ich mit Besorgnis beobachte, ist der Trend hin zu ästhetischen Eingriffen, die vor allem durch nicht besonders qualifizierte Kollegen und Kolleginnen angeboten werden. Denn der Markt ist riesig und der Begriff „Schönheitschirurg“ nicht einmal geschützt. So kann sich wirklich jeder als Experte ausgeben und manchmal ist die Marketingstrategie deutlich beeindruckender als das medizinische Können. Hier sollten sich die Patientinnen und Patienten im Vorfeld bitte wirklich gut informieren.
Weil viele Player verschiedener Kompetenz mitmischen, geht der Trend hin zu einfach umsetzbaren Eingriffen, die bestenfalls von Geräten erledigt werden z.B. die Kryolipolyse, also das Einfrieren von Fettpölsterchen, welche sich dann durch diesen Kälteschaden abbauen oder verschiedene Lasereingriffe. Was mir besser gefallen würde sind Eingriffe hin zu natürlichen Ergebnissen.
Besonders gut finde ich persönlich die medizinische Möglichkeit der Brustvergrößerungen mit körpereigenem Gewebe. Langfristig ist dies wahrscheinlich der sicherere Eingriff, weil man keinen Fremdkörper, kein Fremdmaterial und keine Giftstoffe im Körper hat. Das aber natürlich auch nicht komplett ohne Risiko.
Welche Herausforderungen müssen Sie sich als Chefärztin der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie Handchirurgie stellen?
Alle Chefärzte oder Führungskräfte in diesem Fachbereich müssen sich der Tatsache stellen, dass die handchirurgischen Eingriffe immer mehr in den ambulanten Operationskatalog rutschen. Dies bedeutet, dass die Krankenkassen diese Eingriffe nicht mehr wie bisher als stationäre Fälle zulassen, sondern diese in einem ambulanten Setting laufen müssen. Diese gesundheitspolitische Maßgabe ist in manchen Fällen aus medizinischen Gründen fast nicht vertretbar, gerade bei Patienten, die pflegbedürftig sind beziehungsweise einen erhöhten Pflegeaufwand haben und zu Hause überhaupt nicht mehr zurecht kommen mit einer frisch operierten Hand.
Ambulante Operationen werden schlechter vergütet als stationäre Eingriffe. Aufgrund des gestiegenen wirtschaftlichen Drucks auf die Kliniken in Deutschland ist der Trend zu beobachten, dass immer mehr diese handchirurgischen Eingriffe ablehnen, verschieben oder einfach nicht mehr durchführen, weil es schlichtweg wirtschaftlich attraktivere Operationen gibt und jeder mit seinen Kapazitäten so wirtschaften muss, dass er am Ende des Tages überlebt. Ich persönlich glaube, dass dies ein Fehler im System ist, weil es gerade die Hände sind, die Menschen gebrauchen, um ihr Einkommen zu erwirtschaften. Jeder sollte deshalb die Möglichkeit auf eine gute medizinische Versorgung seiner Hände haben.
Kurzvita Dr. med. Beate Blank, Chefärztin der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie/ Handchirurgie in den Kliniken Dr. Erler gGmbH
Nach einem Studium der Humanmedizin von 2008 bis 2014 an der Universität Regensburg absolvierte die gebürtige Forchheimerin ihre Facharztweiterbildung am Klinikum Nürnberg (Prof. Dr. med. B. Reichert), am Universitätsklinikum Erlangen (Prof. Dr. med. R. Horch) sowie im Klinikum Kulmbach (Dr. med. Marian Maier). Nach erfolgreicher Promotion und diversen Auslandsaufenthalten war Frau Dr. med. Blank von 2021 bis 2023 als Oberärztin an der Klinik für Plastische- und Handchirurgie am Klinikum Kulmbach tätig. Seit Oktober 2023 leitete sie den Fachbereich für Handchirurgie, Plastische und Mikrochirurgie in der Erler-Klinik, bevor Sie im Mai 2024 zur Chefärztin der umbenannten Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie/Handchirurgie berufen wurde.